Macht eine ayurvedische Ernährungsweise Sinn?
Wir leben einer Zeit, wo im Supermarkt bereits im Februar importierte Erdbeeren angeboten werden. Wo Bananen, Kiwi, Mango Ananas etc. aus subtropischen Ländern eingeflogen werden und nur einen Bruchteil des wirklichen Geschmackes in sich tragen. Tote Joghurts mit viel Zucker, Farbstoff und Aroma verkauft werden und dafür Milchbakterien-Nahrungsergänzung im Regal stehen.
Wir kaufen lieber einen Bund Spargeln aus Spanien, als geduldig auf den inländischen Spargel zu warten.
Geduld beim Essen zubereiten ist heute wohl eher eine Seltenheit. Lieber wird zu Fastfood gegriffen. Kaum jemand nimmt sich noch Zeit ein frisches Essen zuzubereiten. Schnellfood das bereits vorgekocht wurde und abgepackt im Laden steht, wird heute sogar als gesund angepriesen. Rösti im Beutel, Konservendosen, Wienerli im Glas, sind etwas völlig normal. Sogar geschälte Mandarinen bespritzt mit Zitronensäure, abgepackt in Plastikschalen sind kein Witz. Hat den der Mensch heute wirklich keine Zeit mehr, sich eine Mandarine selber zu schälen?
Wir hetzen den lieben langen Tag durch unser Leben. Leistung, Konkurrenzdenken und Profit sind unsere Hauptantriebe. Am Abend fallen wir erschöpft aber innerlich aufgewühlt ins Bett und schlafen oft zu wenig. Es ist kein Wunder, dass wir so viele neuzeitliche Krankheiten haben. Denn Stress lässt unseren Körper «übersäuern», genauso wie Zucker, Weizen, Alkohol, sogar zu hoher Apfelverzehr an einem Tag kann den Körper «übersäuern». Und ein «langübersäuerter» Körper hat grosses Potenzial krank zu werden respektive ins Ungleichgewicht zu fallen.
Wo bleibt eigentlich die Freude am Essen und an der Tätigkeit die wir tun? Weshalb gibt es Statistiken die besagen, dass mehr als 50 % der Arbeitnehmer unglücklich in ihrem Job sind?
Ich denke, es ist sicherlich sehr sinnvoll sich wieder bewusst mit dem auseinander zu setzen, was wir unserem Körper zuführen und antun oder guttun.
Ayurveda ist ein Weg um wieder bewusst mit dem Thema Essen und der inneren Balance umzugehen. Ein Einstieg in die Lehre der körperlichen sowie geistigen Ernährung.
Zentrale Elemente des Ayurvedas sind:
- Ayurveda-Massage und Reinigungstechniken
- die Ernährungslehre
- spirituelle Yogapraxis
- Pflanzenheilkunde
An oberster Stelle stehen die Massagen und Reinigungstechniken. Einfach um den Körper zu säubern und die Selbstheilungskräfte des Körpers wieder zu aktivieren. So entsteht dann das natürliche Gleichgewicht, und wir können uns mit der Ernährungslehre auseinandersetzen.
Der Ayurvedaarzt stellt das aktuelle Verhältnis der Doshas zueinander, mittels der Augendiagnose, der Befragung des Klienten über seine Ernährung, und Lebenshaltung sowie der ayurvedischen Pulsdiagnose fest. Wie das Verhältnis der Doshas zueinander sein sollte, wird in Indien zusätzlich aus dem astrologischen Horoskop des Patienten abgeleitet. Um diese rechte Balance wiederherzustellen und angesammelte Schlacken auszuleiten, werden Ernährungstherapie, Ordnungstherapie, Pflanzenheilkunde und bestimmte Reinigungsverfahren Panchakarma eingesetzt. Zu diesen Panchakarma gehören Fasten, Bäder, Einläufe, therapeutisches Erbrechen sowie Aderlass. Ausserdem noch Massagen, Yoga- und Atemübungen, Farb- und Musiktherapie und der Einsatz vieler ayurvedischer Arzneimittel.
Ayurveda teilt den Menschen in drei Dosha-Typen:
Kapha-Typen neigen zu langsamer Verdauung und haben einen niedrigen Umsatz, weshalb sie bei unzureichender Bewegung zu Übergewicht neigen. Warme Speisen und Getränke, wenig Fleisch, viel Gemüse mit bitterem und herbem Geschmack und Scharfes wirken diesen Tendenzen entgegen.
Pitta-Typen haben ein starkes „Verdauungsfeuer“ und neigen deshalb zu Heisshunger; sie können kalte und warme Speisen zu sich nehmen, müssen aber darauf achten, nicht zu viel auf einmal zu essen und Frittiertes und Gebratenes zu meiden. Die Geschmacksrichtungen, die Pitta reduzieren, sind bitter, süss und herb.
Vata-Typen neigen zu Verdauungsstörungen und Untergewicht und sollen daher – unbedingt regelmässig – gekochte und nährende Kost bevorzugen und warme Getränke zu sich nehmen. Auch die Mahlzeiten sollten warm sein und etwas Fett enthalten. Die empfohlenen Geschmacksrichtungen sind salzig, sauer und süss.
Diese drei Dosha werden ebenfalls folgendermassen benannt:
Vata (Wind, Luft und Äther), das Bewegungsprinzip Pitta (Feuer und Wasser), das Feuer- bzw. Stoffwechselprinzip Kapha (Erde und Wasser), das Strukturprinzip
Dosha bedeutet wörtlich übersetzt „Fehlerpotential“. Diese kommen nach ayurvedischer Vorstellung in jedem Organismus vor, da sie gemeinsam alle Vorgänge des Organismus ermöglichen. In einem gesunden Körper sollten sich diese Energien in einem harmonischen Gleichgewicht befinden. Im Gesamteindruck gibt es bei jedem Individuum ein oder zwei generell vorherrschende Doshas, seltener sind alle drei gleich stark ausgeprägt. Es ist für den Behandelnden wichtig zu wissen, welche Doshas bei einem Menschen vorherrschen, weil jeder Typ andere Behandlungen und Nahrung benötigt.
Ein paar wichtige Punkte die wir alle, egal welche Doshas in uns Vorherrschen bei der Ernährung beachten dürfen.
- Nur bei Hunger essen
- erst wieder essen, nachdem die letzte Mahlzeit verdaut wurde
- die Hauptmahlzeit mittags einnehmen, wenn die Verdauung am stärksten funktioniert
- nie in unruhiger Gemütsverfassung essen, nicht im Stehen, in Eile
- sich nicht völlig satt essen.
- Frische, der eigenen Konstitution, der Jahreszeit und vor allem den Örtlichkeiten angepasste Lebensmittel essen
- Wasser (abgekocht, nie kalt) und Kräutertee trinken, aber nur, wenn man durstig ist
- alle sechs ayurvedischen Geschmacksrichtungen in jeder Mahlzeit zu sich nehmen: diese sind süss, sauer, salzig, scharf, bitter und herb
- keine natürlichen Bedürfnisse (also Stuhlgang, Winde, Aufstossen, Gähnen, Weinen etc.) unterdrücken.
Ja auch weinen, lachen, wütend sein, einfach geschrieben Gefühle zeigen gehört dazu, dass wir das innere Gleichgewicht halten können.
Sogar Fleisch ist bei der ayurvedischen Lehre akzeptiert. Doch auch hier ist es wohl wieder die Balance des zu viel oder zu wenig Fleischverzehr, die unserer Gesundheit nutzt.
Eine der für mich wichtigen Punkte der Ernährungslehre ist, dass ein Lebensmittel nicht auf alle Menschen die gleiche Wirkung hat. Dies beobachte ich auch bei meiner Tätigkeit als Fitnessinstruktorin. Wenn ein Mensch abnehmen will, gibt es keinen Trainings- und Ernährungsplan, der für alle das gleiche Resultat bringt. Wir kennen es alle, Menschen die Essen können was sie wollen und kein Gramm Fett ansetzen und andere die wenig Gezuckertes essen und wieder ein Speckröllchen mehr auf der Hüfte haben.
Balance im Essen zu finden, ist heute sicherlich erschwert, weil viele verlernt haben auf ihre Körper zu hören.
Wenn ich einkaufen gehe, stehe ich vor dem Gemüse und schaue es an. Gewisse Farben ziehen mich an, und ich kaufe das was mir schon beim Anblick das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Interessant dabei ist es, dass es sich verändert. Mal ist mir z.B. nach Broccoli mit Karotten oder Kartoffeln mit Erbsen. Jedenfalls steigt bei mir die Lust auf Erdbeeren erst, wenn sie in meinem Garten erntereif sind.
Beim Fleischverzehr mache ich es mir einfach. Ich esse Poulet und Fisch, selten Rind-, und wohl kaum mehr Schweinefleisch. Dazu kommt, dass ich den täglichen Fleischverzehr gestoppt habe. Und wenn ich Fleisch kaufe, mich auf die Herkunft und die Haltung der Tiere achte. Beim Bauern denn ich kenne direkt das Fleisch beziehen, ist wohl für alle Beteiligten das sinnvollste, aber eben auch das zeitaufwendigste.
Wer geht heute noch auf den Gemüsemarkt und holt sich beim Bauern das Fleisch und die Milch? Wenige, lieber geht der moderne Mensch heute in den Supermarkt und alles unter einmal einkaufen zu können. Dabei wäre das Gemüse vom Markt frischer, günstiger und dem Hersteller fliesst mehr in sein Portemonnaie. Da der Zwischenhändler ausfällt.
Aber nicht nur das Essen hat einen Einfluss auf uns. Wie schon kurz erwähnt ist auch der Alltagsstress ein Faktor, wenn nicht sogar der bedeutendste Faktor, der unsere Gesundheit beeinflusst. Das Ziel der ayurvedischen Heilkunst ist die Vermeidung von ernsthaften Erkrankungen, indem man versucht, den Auslöser der Erkrankung zu verstehen. Dies geschieht vor allem durch die Bemühung um die für den jeweiligen Menschen „richtige“ Ernährung und Lebensweise, sowie das Ziel, ungesunde Gewohnheiten aufzugeben. Dazu gibt es bei der Lehre Ayurvedas eine Reihe von Behandlungen, die vor allem dem Körper dabei helfen sollen, das richtige Verhältnis der drei Doshas zu erhalten oder wiederzuerlangen.
Ayurveda kommt aus Altindien.
Nun stellt sich die Frage für mich: Sind Lehren aus dem Fernen Osten sinnvoll für uns Europäer?
Für mich persönlich ja. Ich finde die Information der Ayurveda spannend, hilfreich mich für mich bewusst mit dem Esssen, Auscheiden und meiner inneren geistigen Balance auseinander zu setzen. Doch wie mit allem geht es darum, die Selbstverantwortung zu übernehmen. Liess dich durch die Ayurvedalehre, wenn sie dir symphytisch ist. Entgifte deinen Körper mit den Möglichkeiten die sich für dich gut anfühlen und entspanne dich mit den Techniken die dir wirklich Entspannung bringen. Denn nur um der Freundin, dem Partner oder wem auch immer gefallen zu wollen, sich in verrenkenden Yogastellung auszuharren, bringt wieder mehr Stress als wirklichen Nutzen. Für einige Menschen ist die Meditation im Sitzen pure Entspannung, für andere einen ruhigen achtsamen Spaziergang im Wald, und die Dritten, können sich in unmöglichen Yogastellung wirklich entspannen.
Ich möchte dir Mut machen, dich mit dir und deinem inneren Sein auseinanderzusetzen. Finde deine eigene auf dich abgestimmte Balance. Geniesse auch einmal etwas Alkohol, Schokolade oder anderes Süsses, und verabschiede dich vom schlechten Gewissen. Hör auf deinen Körper, denn er weiss genau was er braucht. Übe dich in Achtsamkeit durch den ganzen Alltag, so kommst du dir und somit deiner inneren Stimme immer wie näher.
Atme tief und bewusst, achte auf deine Gedanken, bewege dich in der Natur, lache und geniesse das Leben. Und liess dich einmal durch die Wim Hof Atemmethode.
Nun wünsche ich dir, viel Spass beim Erforschen.
Brigitte Böhlen